#betblog – “Standpunkt finden”

Der Wind bläst mir heftig ins Gesicht. So heftig, dass ich Schwierigkeiten habe, die Augen offen zu halten und zu atmen.
Drei Meter weiter ist der Spuk vorbei. Nicht, weil es aufgehört hat zu stürmen, sondern weil ich um die Ecke gegangen bin und nun geschützt hinter einer Häuserwand stehe.

Zuhause fällt mir auf, dass es mir in letzter Zeit häufiger so gegangen ist. Ich hatte oft Gegenwind, bin in einem verbalen oder emotionalem Sturm gelandet.
Nicht immer ist es mir gelungen, nur drei Meter um die Ecke zu gehen und geschützt zu sein.

Und nicht umsonst gibt es beim Radrennen den „belgischen Kreisel“, wo jeder kurz an der Spitze fährt und sich dann zurückfallen lässt, damit der nächste als erster im Wind fährt.
Wer voran geht und im Wind steht, der braucht mehr Kraft als die, die ihm folgen.

In der letzten Monaten, während der Corona-Pandemie, war ich oft hin und her gerissen zwischen meinen Wünschen, Bedürfnissen, den Arbeitsansprüchen und den Erwartungen der privaten anderen Menschen. Es hat etwas gedauert, bis ich merkte, dass dieser Zustand mir nicht gut tut. Aber es war mir noch nicht klar, wie ich dieses Dilemma hinter mir lassen kann. Zumal ich mich ja auch wenig an anderen orientieren konnte, denn alle waren unsicher, hatten noch keine Erfahrungswerte und suchten selbst ihren Standpunkt.

 

Doch nach und nach habe ich meinen Standpunkt gefunden, mit dem es mir gut geht und ich bin bereit, mich in den Wind zu stellen und meinen Standpunkt und daraus folgende Entscheidungen anfragen zu lassen.
Ja, es gibt immer noch Kompromisse, die ich mache, aber nur so weit, wie ich es für mich gutheißen kann.
Es gibt Menschen, die mich abschätzig angucken, meine Vorsicht belächeln oder mich vielleicht sogar für dumm halten.
Allerdings ist mir das egal, denn in mir ist endlich kein Sturm mehr.
Und ich kann sogar lächeln, wenn einige dieser Menschen plötzlich den gleichen Standpunkt haben wie ich.

Wie muss es wohl für Maria gewesen sein, die zu ihrer Berufung als Mutter von Jesus gestanden hat? Oder Josef, dem sicherlich einige sagten: „Deine Frau verarscht dich doch, die will dir ein Kuckuckskind unterschieben?“
Ob sie ihren Standpunkt gefunden hatten und diesem Gegenwind gut trotzen konnten?
Oder haben sie geschwankt und sich im Stall in Bethlehem bei Jesus Geburt gefragt: „Was mache ich hier? Ich habe hier doch plötzlich eine Hauptrolle im falschen Film!“
Oder wussten sie, dass die Welt sich zwar weiter dreht, aber jetzt durch sie und Jesus doch in etwas anderen Bahnen – etwas verschoben –  etwas verrückt. (Lk, 2,1-17)

Auch wegen heute – Heiligabend – bläst mir der Wind ins Gesicht, wenn es darum geht, wie wir den Abend feiern. Ohne Mette – für einige undenkbar. Für mich nicht! Denn für mich ist es wie so oft in diesem Jahr – es muss eine kreative Lösung her – und die muss ja nicht unbedingt schlechter sein.

Herr,
manchmal stürmt es sehr
in der Welt
oder auch in mir.
Im Sturm stehend ist es dann kaum möglich seinen Standpunkt zu finden.
Da kann man nur froh sein,
wenn man auf den Beinen bleibt.
Schenke mir und dann einen Ort,
an dem ich geschützt bin und Ruhe finden kann.
Herr,
du hast uns deinen Sohn auf die Welt gesandt,
um die Welt zu retten.
Lass uns die Hoffnung nicht verlieren,
dass dieses Zeichen auch heute noch die Welt retten kann.
Amen.

Wir wünschen dir, dass du deinen Standpunkt gefunden hast oder zumindest auf dem Weg dahin bist, und dass du eine gute Möglichkeit für dich und möglicherweise deine Lieben gefunden hast, den Heiligen Abend zu feiern.

Frohe Weihnachten!

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