Die „Entschuldigung“ einer Influencerin vor einigen Tagen über ihre zweimonatige Instagram-Abstinenz hat mich zum Nachdenken angeregt und mir vor Augen geführt, wie „abhängig“ ich mich von Social Media mache. Die kleinste Atempause wird direkt damit gefüllt und überbrückt.

Wenn ich darauf warte, dass mein Teewasser kocht oder darauf warte, dass meine Begleitung ins Auto steigt, wenn ich darauf warte, dass die U-Bahn einfährt, immer ist mein Handy griffbereit. Instagram, Facebook, die E-Mails, WhatsApp und was es da noch so gibt, warten nur darauf mich in den wenigen Minuten abzulenken, in denen ich gerade nichts zu tun habe.

Wie häufig wird aus den paar Minuten Ablenkung eine ganze Bahnfahrt, in der ich immer wieder den Instagram-Feed aktualisiere oder WhatsApp gefühlt 20mal öffne? Und das, obwohl ich nicht einmal Benachrichtigungen erhalten habe. Aus zwei Minuten werden so schnell zehn Minuten, 20 Minuten oder auch 30 Minuten … und auf einmal finde ich mich beim Durchstöbern irgendeiner Seite mit veganen Rezepten wieder, „die ja mal ausprobieren könnte“. Ganz ehrlich – bislang habe ich noch nicht ein Rezept nachgekocht.

Die Apps halten mich aber so in ihrem Bann, dass ich automatisch zum Handy greife. Manchmal sogar dann, wenn ich gerade eigentlich mit etwas anderem beschäftigt bin und mich darauf konzentrieren sollte.

Auf diesem Weg bekomme ich auch etwas von meinen Freunden mit und versuche mich auf dem neusten Stand zu halten, was Nachrichten angeht. Zumindest denke ich das. Eigentlich merke ich aber immer wieder, dass das auch nur eine Illusion ist. Wenn ich mich mit Freunden treffen, ist doch so viel mehr passiert, als Instagram, Facebook und WhatsApp mir je vermitteln könnten. Meist sind wir uns einig, dass wir all die Zeit, die wir auf Social-Media-Kanälen verbringen eigentlich besser nutzen könnten. Besser nutzen, indem wir wieder aufmerksamer durchs Leben gehen und einfach mal jede Minute Wartezeit aushalten, statt sie automatisch ausfüllen zu müssen.

Auch Jesus hat sich manchmal zurückgezogen und Momente gesucht, in denen er einmal innehalten und die ganze Welt um ihn herum für kurze Zeit ausblenden konnte. Nachdem er beispielweise aus fünf Broten und zwei Fischen ein Mahl für Fünftausende bereitet hatte „Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.“ (Joh 6, 15)

Ich probiere mal aus, aus dem Bann auszubrechen. Ohne Instagram und Facebook die Wartezeiten auszuhalten und diese Momente zu genießen. Deinstalliert sind sie schon. Mal sehen, ob das nun wieder mehr Zeit zum Kreativ sein, zum hilfsbereit sein, zum Bücherlesen, zum Nachdenken, zum Freunde treffen und zum Ich sein mit sich bringt.

Gott,
wir haben so unendliche viele Möglichkeiten,
jede Minute unseres Tages mit einer medialen Informationsflut auszufüllen.
Schenke uns Momente,
in denen wir ganz bewusst aufblicken und uns davon für einen Augenblick lösen.
Momente, in denen wir wieder ein Lächeln für den Menschen neben uns übrighaben,
statt nur unseren Bildschirm anzulächeln.
Momente, in denen wir es einfach aushalten mal nicht von allen Seiten berieselt zu werden.
Amen

Wann hast du das letzte Mal genixt?
„Nixen ist Chillen ohne Handy.“, sagte der Neurowissenschaftler Volker Busch in einer Talkshow im TV. Laut ihm brauchen wir das Nixen, damit unsere Gehirnbahnen nicht verkleben. Wir müssen täglich so viel verarbeiten, da muss das Gehirn auch mal Leerlauf habe dürfen, um dann Dinge weiter verarbeiten zu können.
Also wann hast du das letzte Mal Zeit verbracht ohne

  • Musik zu hören
  • Tv zu gucken
  • Auto zu fahren oder irgendwie von A nach B zu kommen
  • Mit anderen zu quatschen
  • auf dem Handy zu daddeln
  • zu wandern/ zu joggen
  • etc ?

Frühere Generationen hätten vielleicht nach Langeweile gefragt und im Zeitalter von Achtsamkeit würde man vielleicht nach „Zeit für dich“ fragen.
Ich hatte in den letzten Monaten zweimal je eine Stunde lang im Rahmen von Veranstaltungen die Gelegenheit zu Nixen. Überrascht stellte ich fest, dass ich das ganz gut kann 😉

Dabei hat Langweile und Langsamkeit in unserer Gesellschaft heute einen schlechten Ruf. Erfolgreiche Menschen sind schnell, effektiv und busy.
Ob ich nach der einstündigen Ruhe im Anschluss produktiver oder erfolgreicher war – ich weiß es nicht. Aber geschadet hat es mir auf keinen Fall.

In der Bibel gingen die Gelehrten davon aus, dass nur wer ohne Arbeit ist, sich der Weisheit widmen kann (Sir 38,24). Also nur wer privilegiert war und nicht arbeiten musste, konnte sich die Zeit zum Denken nehmen. Andererseits ging man davon aus, wenn man mit irgendetwas beschäftigt war, kann man nicht auch noch denken.
Aber manch eine(r) von uns hat sicherlich schon gute Ideen beim Staubsaugen oder Spülen gehabt. Die Aufgabe darf eben nur nicht zu anspruchsvoll sein😉.

Guter Gott,
wie gut, dass wir heute im Normalfall nicht mehr privilegiert sein müssen,
um uns Zeit zum Denken zu gönnen.
Wir sind oftmals im Datenrausch.
Gib uns den Impuls diesen Mal auszuschalten,
um uns Ruhe zu gönnen,
zu hören, was sonst wichtig ist
und unser Gehirn frei pusten zu lassen.
Amen.

Ich habe meinen Schulabschluss 2015 gemacht. Danach habe ich Schulen zwar noch mal von innen gesehen, aber nicht mehr täglich und meist auch nicht viele Stunden am Stück. Ich habe die Schule hinter mir gelassen, bin zur Uni gegangen, habe zwischendurch auch mal angefangen zu arbeiten und bin mit meinem Leben vorangeschritten.
Und jetzt stehe ich wieder hier, sechs Jahre später, vor dem Tor eines Gymnasiums. Ich werde wieder täglich hier sein, jeden Tag mehrere Stunden. Die Klingel läuten hören, die den Unterricht beginnen und enden lässt (auch wenn das eigentlich die Lehrperson macht), auf Schultoiletten gehen müssen, vielleicht Snacks am Kiosk kaufen, und vor allem Unterricht besuchen.

Doch eine Sache ist anders als vor sechs Jahren: Meine Position ist nicht mehr in der Reihe, neben den anderen Schüler*innen, sondern vorne, hinter dem Lehrerpult und an der Tafel. Die Umgebung ist vertraut, aber irgendwie hat ein Perspektivwechsel stattgefunden. Viele Dinge nehme ich mittlerweile anders wahr. Störende Schüler*innen nerven mich mehr als vorher, 45-Minuten-Stunden kommen mir mittlerweile eher wie ein Wettlauf mit der Zeit vor als gähnend langsam und man läuft irgendwie anders durch die Schule als vor sechs Jahren.

Und trotzdem bin ich nicht nur hier, um zu lehren, sondern auch um zu lernen. Jeden Tag sammle ich neue Erfahrungen, überdenke mein Wissen und lerne von anderen.
Obwohl ich mich nicht mit ihm vergleichen möchte, muss ich dabei oft an Jesus denken, der Lehrmeister für viele war, selbst aber auch einiges gelernt hat. Von der handwerklichen Ausbildung zum Zimmermann bis hin zu Eigenheiten von Menschen –  auch Jesus durfte einige Dinge im Laufe seines Lebens auf der Erde lernen. Und schließlich gehört das Lernen ja auch zum Leben dazu…

Guter und lehrender Gott;
jeden Tag lernen wir eine Menge Dinge dazu
und erweitern unser Wissen und Verständnis.
Hilf uns, dieses Wissen weiterzugeben an andere
und ihnen gute Lehrer*innen sein. 
So können wir die Welt bereichern.
Amen.

Für mich und meine Partnerin steht gerade ein großer Umzug vor der Tür. Aus zwei eigenen, getrennten Wohnungen wird jetzt eine gemeinsame.
Das bedeutet vor allem erst einmal viel Arbeit: Die ganzen alten Dinge einpacken, neue Möbel anschaffen, Wände streichen, Transporter mieten, Freunde und Verwandte um Hilfe fragen und und und…
Man ärgert sich, weil manche Dinge einfach nicht passen, andere beim Einpacken kaputt gehen und man überlegen muss, wo der ganze Kram von zwei Leuten eigentlich hin soll.

Das ist ganz schön viel Arbeit, ermöglicht aber auch einen neuen Blick auf viele Dinge. Bei jedem Teil, das man in die Hand nimmt, kann man sich noch einmal ganz neu überlegen:
Brauche ich das eigentlich noch?
Warum besitze ich dieses Teil?
Hängen da Erinnerungen dran?
Wo ist eigentlich Platz für dieses Teil?

Ein solches Vorgehen dauert zwar lange, bringt aber auch einiges mit sich. Man packt nur Dinge ein, die man wirklich noch behalten möchte, weil man sie braucht oder schöne Erinnerungen damit verbindet, macht sich seiner Besitztümer bewusst und schwelgt gemeinsam in Erinnerungen.

Und neben all dem Alten, vielleicht Vergessenen, was man wieder entdeckt, bringt dieser Schritt die Möglichkeit für Neues mit sich. Weil man alles gemeinsam neu einrichtet und einräumt, muss man alte Gewohnheiten hinterfragen:
Gehören die Gläser wirklich in den Schrank über der Spüle, nur, weil sie es vorher schon immer waren?
Oder macht man das Ganze nur, weil man es schon seit Jahren gewohnt ist?
Wäre es nicht vielleicht mal Zeit für etwas Neues?

Jesus war auch jemand, der alte Gewohnheiten hinterfragt und neue Gedankenansätze für andere mitgebracht hat. Er stellte sich gegen die Römer, verbreitete Anregungen und war schließlich Vorreiter einer neuen Glaubensrichtung. Viele, die ihn trafen, hinterfragten sich und ihre eigene Geschichte und veränderten etwas, wie etwa Zachäus, der vom gierigen Zöllner zum Wohltäter für Arme wird (Lk 19,1–10).

Vielleicht ist es auch bei dir Zeit, etwas zu verändern…

Guter Gott,
manchmal sind wir festgefahren in unseren Gedanken
und tun Dinge nur aus Gewohnheit.
Hilf uns, aus diesen festen Bahnen auszubrechen,
uns zu hinterfragen und gib uns Mut,
einen neuen Ansatz zu wagen.
Amen

Gibt es etwas in unserer Gesellschaft, wo du regelmäßig andere Regeln hast als dein Umfeld?
Wo du dich strikt an Regeln hältst und die anderen nicht?
Oder wo du einfach etwas nicht mitmachst, alle anderen aber schon?

Ich weiß gar nicht, warum mir das zur jetzigen Zeit so auffällt. Oder liegt es daran, dass ich mich durch die Lockerungen in der Corona-Pandemie erst wieder an gesellschaftliche Gepflogenheiten gewöhnen muss.

Innerhalb von sehr kurzer Zeit sind mir drei Situationen zum Thema Alkohol aufgefallen:

  1. Ein Freundeskreis sitzt in der Kneipe. Alle trinken Bier bis auf einen. Der eine wird gefragt: „Wie bist du denn hier?“
    Der Eine: „Mit dem Fahrrad“, darauf der Andere: „Wieso trinkst du denn dann kein Bier?“
    Der Eine: „Schmeckt mir nicht!“
    Der Andere: „Ach, komm, eins geht doch!“
  2. Nach dem Essen wird der Runde von älteren Frauen ein Schnaps vom Wirt angeboten. Eine Frau sagt: „Nein, danke, ich möchte nicht!“
    Die andere Frau: „Ey, der ist umsonst und du spuckst doch sonst auch nicht rein!“
    Darauf die Eine: „Nee, ich habe Herzrhythmusstörung, trinke keinen Schnaps mehr und außerdem gehe ich momentan an Krücken.“
    Die Andere: „Stell dich mal nicht so an. Rhythmusstörungen habe ich auch. Herr Wirt, wir nehmen noch einen!“
  3. Auf einer Familienfeier: Vater: „Da bist du ja endlich. Wieso warst du denn nicht bei der Führung durch die Schnapsbrennerei?“
    Sohn: „Interessiert mich nicht und Schnaps schmeckt mir nicht.“
    Schwager: „Ach, die waren so unterschiedlich, da hätte dir doch schon einer geschmeckt.“
    Sohn: „Nein, danke!“
    Bruder: „Na, dann jetzt aber ein Bier!“
    Sohn: „Nein, danke, es ist doch erst 14 h.“
    Alle: „Jetzt stell dich mal nicht so an. Dein Bier steht schon offen vor dir!“
    Sohn: „Danke nein!“ Und der Sohn blieb nüchtern. Respekt.

Es ist gar nicht so einfach, in solchen oder ähnlichen Situationen bei der eigenen Meinung zu bleiben.

Hier kommt folgendes Video: Marcella Rockefella „Original“

 

In Zeiten, in denen man in Frage gestellt wird oder sich selbst in Frage stellt, ist es gut, wenn man sich an die erinnert, die einem den Rücken gestärkt haben oder immer noch stärken, damit man dann mit erhobenem Haupt weiter durch das Leben gehen kann.

Jesus hat immer wieder gegen die üblichen Regeln verstoßen. Er hat am Sabbat Kranke geheilt, obwohl man am Sabbat nicht arbeiten darf (Lk 4,31-37). Er hat sich mit Zachäus, dem Zöllner, unterhalten und dort zum Essen eingeladen, dabei war er ein schlecht angesehener Mann, weil er die Menschen betrogen hat. (Lk 19,1-9)

Herr,
manchmal fällt es mir schwer,
anders zu sein als die anderen
oder mich auch nur anders zu fühlen.
Hin und wieder hilft da ein Kompromiss,
manchmal hilft nur eine „Notlüge“.
Hilf mir und allen, denen es ähnlich geht,
dass wir es immer besser schaffen,
gut zu uns selbst zu stehen,
auch, wenn wir außer-gewöhnliche Wege gehen.
Amen.

 

 

Vor ein paar Wochen wurde die Hochwasserkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz intensiv durch die Medien begleitet, nun sind es die drastischen politischen Umbrüche in Afghanistan, die im absoluten Fokus stehen. Von den Folgen des Hochwassers wurden mir aus erster Hand einige Eindrücke erzählt, über die Lage in Afghanistan kann ich mich nur in den Medien informieren. Trotzdem fühlt sich die Berichterstattung über die Lage in Afghanistan für mich fast genauso nah an, wie die Berichte über die Überflutungen „nebenan“. Sie scheint überall zu sein.

So dramatisch die Lage im Nahen Osten sein mag und so nahe mir die Bilder gehen, so merkwürdig empfinde ich, dass mich so viele Details erreichen, während über andere wahrscheinlich ähnlich verheerende Ereignisse kaum etwas in meine Informationsblase dringt. Über die Überschwemmungen in China, die Waldbrände in der Türkei und Griechenland wurde noch etwas berichtet. Dass in anderen Ländern auch Bürgerkriegszustände herrschen oder auf Madagaskar etwa 72.000 Kinder (so viele Menschen wie in etwa in Gladbeck wohnen) lebensbedrohlichen Hunger leiden, weil dort die extremste Dürre seit mehr als 30 Jahren herrsche und buchstäblich keine Lebensmittel und kein Wasser mehr vorhanden seien, habe ich nur aus einer unerwarteten Informationsmail außer der Reihe einer Hilfsorganisation erfahren. Unter erschwerten Bedingungen werde versucht, Notrationen an Lebensmitteln dorthin zu transportieren, die für einen Monat halten sollen, mengenmäßig für unseren Lebensstandard allerdings gerade einmal für einen Tag ausreichen würden, so die Hilfsorganisation. Diese selektiven Berichte frustrieren mich.

Es frustriert mich, dass unser Fokus so sehr auf unsere eigenen Belange gerichtet ist, sodass uns nur das erreicht, was auf die ein oder andere Weise eine direkte Verbindung zu unserer „westlichen“ Welt hat. Mich berühren die Berichte aus Afghanistan durchaus und das, obwohl es so fern erscheint. Wäre darüber jedoch ebenso intensiv gesprochen worden, wenn wir nicht direkt involviert gewesen wären? Oder wäre es uns dann nur so wenig Aufmerksamkeit wert, wie die Hungersnot im Indischen Ozean? Sicherlich ist es nicht möglich über alle Geschehnisse auf der Welt zu berichten. Ich wäre damit auf alle Fälle überfordert.

So manches Mal wünschte ich mir aber eine ausgewogenere Verteilung. Meinem Empfinden nach wird in etwa so entschieden: „Ach Hungersnöte in afrikanischen Staaten, die sind ja eh an der Tagesordnung, darüber müssen wir nicht berichten. Die Ausmaße der Zerstörung der jährlich wiederkehrenden Hurricane-Saison insbesondere in den USA, das interessiert die Leute, damit können sie sich identifizieren.“ Und das, obwohl die Anzahl betroffener Menschen in den USA wahrscheinlich um ein Vielfaches geringer ist.

Wäre es nicht viel sinnvoller, uns alles zuzumuten, uns umfassend zu informieren, um so Aufmerksamkeit zu schaffen für all das was gerade in der Welt schiefläuft?

Wäre es nicht sinnvoller, statt immer nach einem Schuldigen zu suchen, nach Ursachen von Problemen und Lösungen für diese zu suchen?

Ich habe keine Antworten darauf.

Vielleicht hilft es aber, wenn wir uns aber alle wieder etwas mehr auf die Nächstenliebe besinnen. Darauf besinnen, dass wir alle zusammen auf dieser Welt leben, alle auf irgendeine Art mit ihr und miteinander verbunden sind und alle aus ihrer Erde durch Gottes Zutun geschaffen wurden.

„Dann sprach Gott: Die Erde bringe Lebewesen aller Art hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Wildtieren der Erde nach ihrer Art. Und so geschah es. Gott machte die Wildtiere der Erde nach ihrer Art, das Vieh nach seiner Art und alle Kriechtiere auf dem Erdboden nach ihrer Art. Gott sah, dass es gut war. Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich!“ (Gen 1, 24-26)

Gott,
anstatt den Fokus immer nur auf das zu richten, was uns selbst betrifft, öffne uns die Augen, um auch über unseren Horizont hinauszublicken.
Helfe uns zu sehen, dass wir alle mit der Welt und miteinander vernetzt und verwoben sind und es daher nur indem wir versuchen alle Herausforderungen anzugehen, gemeinsam weitergehen kann.
Gibt uns die Stärke, aufmerksam zu machen, anzupacken und Lösungen zu finden, um unsere Welt noch ein wenig länger unser Zuhause nennen zu können und dabei zwischenmenschliche Konflikte friedlich zu lösen.
Es liegt in unserer Hand.
Amen

Es ist ein ruhiger Tag.
Zeit aufzuräumen und die Gedanken fliegen zu lassen.
Beim Aufräumen halte ich verschiedene Dinge in den Händen:

  1. Umverpackung von Schokoriegeln aus Papier: ist das jetzt gelber Müll oder Altpapier? Und wie sinnvoll ist, dass ich mir darüber Gedanken mache? Wenn jeder so Müll trennt wie er will? Wird mein Aufwand nachher wirklich mit guter Müllentsorgung für die Umwelt belohnt?
  2. Eine ältere Hose: also passen tut die gerade mal so gar nicht! Zeit abzunehmen? Hose aufbewahren oder einfach entsorgen? Was wäre denn hier wohl sinnvoll?
  3. Meine alte Barbie: eigentlich wollte ich sie mal meiner Tochter vererben. Kann man das wirklich noch guten Gewissens tun – ein Spielzeug hinter dem dieses Rollenbild steht weitergeben? Soll ich die Barbie wirklich aufbewahren? Wer weiß, ob ich eine Tochter haben werde?
  4. Die Einladung zum 70. Geburtstag der Tante: ich muss noch zu- oder absagen. Meiner Mutter nach ist es natürlich überhaupt keine Frage, dass ich zusage. Aber warum sollte ich? Was bringt mir das? Und was bringt es irgendwem anderen?

So viele Fragen…
Die Frage nach dem Sinn.
Das typische menschliche Bedürfnis Dinge zu verstehen oder die „Belohnung“ in Reichweite zu haben.

Aber sollte man manchmal nicht Dinge tun oder wagen in der Hoffnung, dass sie einen Sinn machen?

– Vor Jahren schrieben wir in der Gruppe (aus der Jugend der Kirchengemeinde) einem anderen Gruppenmitglied, das länger schon nicht mehr aufgetaucht war, eine Beileidskarte zum Tod ihrer Mutter. Ein kleines Zeichen. Vor Kurzem haben wir erfahren, dass diese Karte sie in unsere Runde zurück geführt hat und weg von den „kiffenden Chaoten“.

– In cross#roads haben wir mal 20 kleine Bücher mit dem Titel „Geschichtensammler“ verteilt, in der Bahn liegen lassen etc. Wir waren etwas frustriert, weil wir nie wieder was von den „Geschichtensammlern“ gehört hatten. Einschätzung: sinnlose Aktion. Jetzt, zwei Jahre später, kam ein Foto von dem Weg, den eines der Bücher zurück gelegt hat. 13000 km im Bereich Geocaching.

Wann ist es sinnvoll zu überprüfen, ob und wann was sinnvoll ist?

Als er los ging, Simon und die beiden Brüder Jakobus und Johannes fragte, ob sie mit ihm gehen, ihm folgen würden, weil er eine gute Idee habe, ob die drei da schon dachten, dass sie die Grundlage für das Christentum legen würden. 2000 Jahre später gibt es immer noch Menschen, die ihm nachfolgen und denen der Glaube Sinn gibt. (Lk 5, 1-11)

Herr,
lass mich nicht immer alles sofort bewerten.
Schenke mir die Geduld und den Abstand,
den Dinge brauchen,
um ihren Sinn zu erkennen.
Amen.

Ich interessiere mich für eine Menge Dinge:
Als Kind war ich beim Schwimm- und Taekwondo-Training, habe gemalt, gebastelt, Romane gelesen, mich für Geschichte und Sagen interessiert, Videospiele gespielt und und und…

Die Liste meiner Hobbies und Interessen war lang – und ist es bis heute. Einige Interessen habe ich aufgegeben. Heute schaue ich noch manchmal auf die alte Staffelei im Keller und denke an die Zeit zurück, in der ich mich für Malerei interessiert habe, verschiedenste Zeichenbücher und Farben gekauft und Leinwände bepinselt habe. Später habe ich dann gemerkt, dass das vielleicht nicht so meins ist und habe damit aufgehört. Mein Vater sagt gerne: “Das war nur so eine Phase”, in dem Fall eben meine Malerei-Phase.
Und von diesen Phasen gibt es eben einige. Ich liebe es, mich in etwas Neues reinzudenken und mich intensiv damit zu beschäftigen, Bücher dazu zu lesen, Videos zum Thema anzuschauen und einfach auszuprobieren. Viele dieser Phasen vergehen dann und sind irgendwann abgeschlossen, in anderen entwickle ich mich weiter und verfolge sie bis heute, wenn auch nicht mehr genau so wie früher. Ich lese immer noch gerne, wenn auch nicht mehr unbedingt die gleichen Kinderbücher (auch wenn es meist trotzdem Jugendromane oder ähnliches sind.

Am Ende von so einer Phase bleibt meist etwas über. Im Fall der Malerei ist es vielleicht die Staffelei, aber auch ein leicht veränderter Blick für Perspektive, ein erweitertes Farbverständnis und eine Liebe für Gemälde – auch wenn ich selbst wohl nie eins zeichnen werde. Wichtig ist nur, dass man nichts umsonst macht und man an allem immer wächst und es irgendwo in sich behält, auch wenn es manchmal schwierig ist, eine Phase zu beenden. Gerade, wenn es vielleicht nicht freiwillig geschieht.

Ich denke, ähnlich wird es den Jüngern gegangen sein, nachdem Jesus sich geopfert hatte und sie ohne ihn da standen. Auch wenn Jesus mehr als eine Phase war, war diese Zeit auf jeden Fall vorbei. Aber die Jünger und alle anderen Menschen haben definitiv etwas davon mitgenommen. Und wir im Endeffekt auch.

 

Guter Gott,
wir erleben vieles,
suchen uns neue Interessen und Hobbys.
Wir danken dir für diese zahlreichen Erfahrungen,
die wir machen dürfen.
Gib uns weiterhin das Interesse,
die Welt mit Begeisterung wahrzunehmen
und an diesen Erfahrungen zu wachsen.
Amen.

Letzte Woche war ich, seit Ewigkeiten, mal wieder im Kino. Es war eine spontane Entscheidung: das Wetter war mies, meine Aufgaben soweit abgearbeitet und die Kinos gerade wieder geöffnet. Warum also nicht, dachte ich.

Bevor es losging, wurde ich etwas nervös. Ich freute mich auf den Film, war aber gleichzeitig etwas nervös. Ich wusste nicht genau, wie die aktuellen Regelungen waren, wie voll es sein würde und ob ich mich nicht unwohl fühlen würde. Diese Gedanken und Gefühle begleiteten mich bis in den Saal, aber ich hatte Glück: Bis auf ein Pärchen am anderen Ende des Saals war niemand dort. Also setzte ich mich hin und richtete mich mit Popcorn und Getränk in meinem Sessel ein. Kurz bevor es dunkel wurde, fiel mir plötzlich ein, dass ich mein Handy noch ausschalten musste – so lang war es her. Dann ging das Licht aus, der Ton schwoll an und das Bild erschien auf der Leinwand. Ich tauchte ein in den Film und vergas so langsam alles andere…

Als ich aus dem Kino kam, war mein Kopf frei, die Gedanken gelöst und ich gut gelaunt. Zwei Stunden lang musste ich an nichts denken, keine Nachrichten beantworten, mal eben aufstehen und doch das Rollo heruntermachen, pausieren, Lautstärke ändern oder irgendwas – ich konnte einfach genießen.

Erst da wurde mir wieder klar, wie wenig Zeit ich mir in den letzten Monaten für solche Dinge genommen habe. Musik oder Videos liefen beim Arbeiten, dank des Handys auch auf der Toilette oder beim Kochen, während des Serien- oder Filmeschauens googlete ich noch mal schnell etwas oder beantwortete eine Nachricht und selbst beim Spazierengehen oder Sport machen passierte noch irgendetwas nebenbei. Mich auf eine Sache zu konzentrieren, sich mal Zeit zu nehmen, sich komplett auf etwas einzulassen und nichts nebenbei zu erledigen – das gab es nicht wirklich.

Dabei tut das Ganze so gut. Der Film, den ich gesehen hatte, war auch kein Meisterwerk gewesen, aber es war bewusst genutzte Zeit, die mir Kraft gab. Und ganz ehrlich, googlen konnte ich danach immer noch…

All das bringt eine Lektion mit sich, die eigentlich selbstverständlich ist, aber vielleicht in der aktuellen Zeit helfen kann. Ich muss lernen, mir Zeit zu nehmen für solche Dinge. Das kann helfen, dass sich Tage nicht gleich anfühlen und die Zeit nicht einfach verstreicht, ohne dass etwas passiert. Dass ich Vorfreude entwickeln kann und Motivation, mein Tagesprogramm zu schaffen, weil ich dann die neue Folge meiner Lieblingsserie sehen oder etwas Leckeres essen kann.

Es ist eine oft zitierte Bibelstelle, aber sie passt auch in diesem Fall mal wieder:
“Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde” (Prediger 3)
Und deshalb werde ich jetzt erst mal in Ruhe mein Lieblingsessen zubereiten…

Guter Gott,
ich kann viele Dinge gleichzeitig machen.

Das ist in einigen Situationen sehr hilfreich,
nimmt besonderen Dingen aber oft auch ihren Wert.
Hilf mir, mich daran zu erinnern,
mir die Zeit für schöne Dinge zu nehmen
und mich mit Vorfreude zu erfüllen.
Amen.

Eigentlich sollte man meinen, dass ich mich mittlerweile langweilen müsste nach knapp einem Jahr überwiegend im Home Office. Dadurch, dass die täglichen Arbeitswege von insgesamt zwei Stunden, die An- und Abfahrten zu Treffen mit Freunden und Familie, den Ehrenamtstreffen und auch den Hobbies größtenteils durch digitale Verabredungen weggefallen sind, müsste ich doch eigentlich so viel mehr in meiner Freizeit schaffen. So viel mehr Baustellen zuhause abhaken können. Eigentlich dürfte es doch keinerlei Sachen in der Wohnung und in anderen Bereichen mehr geben, die noch nicht begonnen oder vielleicht sogar abgeschlossen wurden .

Irgendwie ist dem überhaupt nicht so. Im Gegenteil, wenn ich mich so umsehe, sind die Baustellen in der Zeit eher mehr geworden als weniger. Ich hab ja so viel Zeit und dann doch wieder nicht.
Kennst du das auch? Lasse ich mir für alles einfach mehr Zeit? Oder gehen einfach auch mal unbemerkt ein, zwei Stunden für Sachen drauf, die ich gerne mache und schiebe dafür das ungeliebte vor mir her, sodass es sich wie ein Berg aufhäuft. Ich hab ja noch so viel Zeit!

Es stört derzeit ja auch niemanden, dass Kartons im Wohnzimmer stehen, mit Kram, der noch bei meinen Eltern lagerte und mal aussortiert werde sollte. Es stört ja niemanden, dass die Geschenke für all die Babys im letzten halben Jahr halb angefangen in der Ecke liegen und nicht fertig werden. Es stört niemanden, dass ich die Fotos, die ich schon lange in ein Fotoalbum zusammenfügen wollte, immer noch nicht bearbeitet und ausgedruckt habe. Es stört ja niemanden, dass der Wäscheberg manchmal eine Woche (oder mehr) ungefaltet als Kleiderschrankersatz dient oder der Boden ein oder zwei Tage zu lang von Staub bedeckt bleibt. Es stört niemanden –  keinen Besuch und manchmal nicht einmal mich.

Und manchmal stört es mich aber doch. So sehr, dass ich mich frage, wie ich all das schaffen soll, was eigentlich zu erledigen ist. So sehr, dass ich gar nicht erst anfange, weil ich nicht weiß womit. Wo ist all die Zeit hin, in der ich, trotz zwei Stunden Arbeitsweg, trotz ganzer Abende beim Ehrenamt, trotz Chor und trotz gemeinsam verbrachter Zeit mit meiner Familie und Freunden, all diese liegen gebliebenen Dinge schaffe?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nur eins. Manchmal gibt es die Momente, in denen ich die Motivation habe, all die kleinen Projekte anzugehen. Diese Momente wollen genutzt werden. Wenn ich das tue, dann läuft manches wie von selbst und ich merke, dass ich die 10 Minuten, die es zum Flur fegen braucht, auch jederzeit unterbringen könnte. Am Wochenende hatte ich mal wieder so einen Moment und dabei gemerkt, wie viel ich schaffe, wenn ich mir alles in kleine Häppchen aufteile und nicht den großen Berg an Aufgaben vor mir sehe. Indem ich Schritt für Schritt zum Ziel komme, schiebe ich es nicht so lang vor mir her. Bei der Arbeit und in Zeiten, in denen ich nicht so viel Freiraum habe, meine Zeit so locker einzuteilen, fällt mir genau das so viel leichter. Meine Zeit als rares Gut effizient zu nutzen, macht mich zufrieden. Vielleicht habe ich das nur vergessen in einer anderen Normalität, die eigentlich nur als Provisorium gedacht war. Vielleicht schaffe ich aber, mir das häufiger wieder vor Augen zu führen, mich daran zu erinnern, dass es mir gut tut, Punkte von der To Do-Liste abhaken zu können, auch wenn ich doch scheinbar noch so viel Zeit dafür habe.

Ich sollte einfach anfangen, den Schritt wagen!

Auch Gott hat einfach angefangen. Er hat die Erde nicht an einem Tag erschaffen, sondern Schritt für Schritt. Er schuf Himmel und Erde, das Licht, den Himmel, Land und Meer, Bäume und Pflanzen, Nacht und Tag und die Gestirne, die Tiere im Wasser, in der Luft und auf dem Boden und schließlich die Menschen – und bei jedem kleinen Schritt „sah [er], dass es gut war“ (Gen 1,1 -2,3)

 

Gott,

lass mich nicht unzufrieden sein, wenn ich mal einen Tag etwas vor mir herschiebe.
Schenke mir die Motivation, auch vor großen unüberschaubaren Aufgaben nicht zurückzuschrecken, um es dir gleichtun zu können.
Tag für Tag, Schritt für Schritt weiterzumachen und so zum Ziel zu gelangen.

Amen