Die „Entschuldigung“ einer Influencerin vor einigen Tagen über ihre zweimonatige Instagram-Abstinenz hat mich zum Nachdenken angeregt und mir vor Augen geführt, wie „abhängig“ ich mich von Social Media mache. Die kleinste Atempause wird direkt damit gefüllt und überbrückt.
Wenn ich darauf warte, dass mein Teewasser kocht oder darauf warte, dass meine Begleitung ins Auto steigt, wenn ich darauf warte, dass die U-Bahn einfährt, immer ist mein Handy griffbereit. Instagram, Facebook, die E-Mails, WhatsApp und was es da noch so gibt, warten nur darauf mich in den wenigen Minuten abzulenken, in denen ich gerade nichts zu tun habe.
Wie häufig wird aus den paar Minuten Ablenkung eine ganze Bahnfahrt, in der ich immer wieder den Instagram-Feed aktualisiere oder WhatsApp gefühlt 20mal öffne? Und das, obwohl ich nicht einmal Benachrichtigungen erhalten habe. Aus zwei Minuten werden so schnell zehn Minuten, 20 Minuten oder auch 30 Minuten … und auf einmal finde ich mich beim Durchstöbern irgendeiner Seite mit veganen Rezepten wieder, „die ja mal ausprobieren könnte“. Ganz ehrlich – bislang habe ich noch nicht ein Rezept nachgekocht.
Die Apps halten mich aber so in ihrem Bann, dass ich automatisch zum Handy greife. Manchmal sogar dann, wenn ich gerade eigentlich mit etwas anderem beschäftigt bin und mich darauf konzentrieren sollte.
Auf diesem Weg bekomme ich auch etwas von meinen Freunden mit und versuche mich auf dem neusten Stand zu halten, was Nachrichten angeht. Zumindest denke ich das. Eigentlich merke ich aber immer wieder, dass das auch nur eine Illusion ist. Wenn ich mich mit Freunden treffen, ist doch so viel mehr passiert, als Instagram, Facebook und WhatsApp mir je vermitteln könnten. Meist sind wir uns einig, dass wir all die Zeit, die wir auf Social-Media-Kanälen verbringen eigentlich besser nutzen könnten. Besser nutzen, indem wir wieder aufmerksamer durchs Leben gehen und einfach mal jede Minute Wartezeit aushalten, statt sie automatisch ausfüllen zu müssen.
Auch Jesus hat sich manchmal zurückgezogen und Momente gesucht, in denen er einmal innehalten und die ganze Welt um ihn herum für kurze Zeit ausblenden konnte. Nachdem er beispielweise aus fünf Broten und zwei Fischen ein Mahl für Fünftausende bereitet hatte „Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.“ (Joh 6, 15)
Ich probiere mal aus, aus dem Bann auszubrechen. Ohne Instagram und Facebook die Wartezeiten auszuhalten und diese Momente zu genießen. Deinstalliert sind sie schon. Mal sehen, ob das nun wieder mehr Zeit zum Kreativ sein, zum hilfsbereit sein, zum Bücherlesen, zum Nachdenken, zum Freunde treffen und zum Ich sein mit sich bringt.
Gott,
wir haben so unendliche viele Möglichkeiten,
jede Minute unseres Tages mit einer medialen Informationsflut auszufüllen.
Schenke uns Momente,
in denen wir ganz bewusst aufblicken und uns davon für einen Augenblick lösen.
Momente, in denen wir wieder ein Lächeln für den Menschen neben uns übrighaben,
statt nur unseren Bildschirm anzulächeln.
Momente, in denen wir es einfach aushalten mal nicht von allen Seiten berieselt zu werden.
Amen