Am Sonntag war Allerheiligen. Ein stiller Gedenktag, an dem an alle Heiligen gedacht wird. Vielleicht war der eine oder die andere an dem Tag auf dem Friedhof, hat am Grab der  Verstorbenen eine Kerze angezündet, Erinnerungen wach werden lassen und ihnen die Ehre erwiesen.

Aber was sind Heilige eigentlich? Benutzt du den Begriff heilig noch?

Vielleicht am ehesten in dem Zusammenhang: das ist mir heilig ist.

Und ohne dass ich gewisse Menschen gefragt hätte, weiß ich einige Antworten, die spontan gekommen wären.
Meine Oma hätte sofort „mein Mittagschlaf“ gesagt, da durfte niemand klingeln oder anrufen.
Ein Freund sagte mal über eine Freundin „auf die lasse ich nichts kommen, sie war in einer schweren Zeit für mich da.“
Meine Nichte würde sich nicht von ihrer ersten Puppe trennen, die ich ihr geschenkt habe, obwohl sie definitiv bessere Zeiten gesehen hat. Als ich ihr anbot, ihr die Puppe in neu zu schenken, hat sie empört abgelehnt.

Dazu hier heute mal ein Video:

Wer oder was ist dir heilig? Hättest du darauf sofort eine Antwort?
Und warum ist dir dies heilig?

König Salomon sollte einen Richterspruch fällen.
Zwei Frauen stritten um ein Kind und behaupteten beide, es sei ihres.
König Salomon wollte sich ein Schwert kommen lassen, um das Kind zu teilen.
Die eine Frau sagte: „Tötet das Kind nicht und gebt es der anderen Frau.“
Die andere Frau sagte: „Bevor sie das Kind bekommt, töte es lieber.“
Genau darauf hatte König Salomon gehofft. Er gab der Frau das Kind, der das Leben des Kindes heilig gewesen ist. (1. Kön 3, 16-28)

Liebender Gott,
lass mich erkennen,
was mir in meinem Leben heilig ist.
Lass mich dafür einstehen und
kein „ABER“ überhand gewinnen.
Ich danke dir für all die Momente,
in denen ich erfahren kann,
dass ich anderen Menschen heilig bin
oder wir gemeinsam unterwegs sind
für eine Sache, die uns heilig ist.
Amen.

In der letzten Woche wurde wieder einmal das Jugendwort des Jahres bekannt gegeben. Da es in den vergangenen Jahren immer ein bisschen peinlich war, wenn ein Wort, dass zuvor noch kein einziger junger Mensch je gehört –  geschweige denn gesagt – hätte, wurde in diesem Jahr über das Jugendwort abgestimmt. Hier konnten im Vorhinein Wörter eingereicht werden und am Schluss wurde über die drei Favoriten abgestimmt.
Diese Wahl gewann mit 48% aller Stimmen “Lost”, dem englischen Wort für “verloren”, dass in diesem Fall nicht die bekannte Fernsehserie von J. J. Abrahms meint, sondern für jemanden steht, der “ahnungslos, unsicher oder unentschlossen ist”.

Ich finde die Wahl dieses Wortes in diesem Jahr aus zwei Gründen interessant.

Erstens: Ich kenne dieses Wort, habe es schon öfter benutzt und gehört und muss mich nicht vor Fremdscham irgendwo verstecken.

Zweitens: Kein Wort passt mit seiner Bedeutung besser in die aktuelle Zeit, in der sich täglich Dinge ändern, wir nicht wissen, was kommt und wie es weitergeht. In der wir plötzlich feststellen, dass wir schon Ende Oktober haben, obwohl doch eigentlich gerade erst das neue Jahr angefangen hat. Eine Zeit, in der wir uns alle ahnungslos und unsicher fühlen – lost eben.

Lost waren auch viele Personen, die wir aus der Bibel kennen:

Noah, der sich irgendwann mit seiner Familie und lauter Tieren auf seinem Boot wiederfand – unwissend, wie lange die Sinnflut andauern würde.
Hiob, der von einem Schicksalsschlag nach dem anderen getroffen wird.
Maria, die auserkoren wurde, Jesus zu gebären und mit dieser neuen Situation erst klar kommen musste.
Abraham, der sich auf den Weg in ein neues Land machte – unsicher, was ihn erwarten würde.

All diesen Menschen ging es ähnlich wie uns: Sie wussten nicht, was kommen würde und wie sie mit der neuen Situation umgehen sollten. Aber sie alle haben vertraut. Darauf, dass Gott ihnen den Weg zeigen und alles gut werden würde; aber auch darauf, dass sie durchhalten und ihre Situation verbessern würden. Das sollten wir auch tun, wenn wir uns verloren, unsicher ahnungslos fühlen – dann schaffen wir es auch, diese Situationen durchzustehen.

Guter Gott,
manchmal sind wir lost und wissen nicht, wie es weitergeht.
Zeige uns den richtigen Weg für uns.
Wenn wir unentschlossen sind, 
gib uns die Kraft, eine Entscheidung zu treffen.
Segne uns, wann immer wir nicht wissen,
wo lang es gehen soll.
Amen.

Mir hat sich vor einigen Tagen auf dem Heimweg ein wunderbares Lichterspiel gezeigt. Ein Bild, wie es nur das Herbstlicht malen kann.

Leuchtend graue Wolken am Himmel, golden angeleuchtete Blätter, von den letzten tiefen Sonnenstrahlen des Tages in Szene gesetzt, funkelnde Regentropfen, wie Schneeflocken dem Boden entgegen tanzend.

Beinahe surreal wirkte diese wunderschöne Szene auf mich.

Wenn ich, wie so häufig, mit dem Smartphone in der Hand nach Hause gelaufen wäre, hätten Sonne und Regen ein noch so wunderbares Farbenspiel zeichnen können, mir wäre es nicht aufgefallen.

Leider bin ich jedoch häufig so unterwegs. Unterwegs schaue ich doch „mal eben schnell“ auf mein Handy. Beim Filme schauen liegt das Smartphone immer griffbereit, man könnte ja etwas nachschauen wollen. Selbst beim Essen, allein oder gemeinsam, ist es ein ständiger Begleiter. Die volle Aufmerksamkeit auf etwas oder jemanden zu richten, fällt mir dadurch sehr schwer.

Mein Versuch, dieses Lichterspiel einzufangen – mit meinem Smartphone natürlich – scheiterte kläglich. So sehr ich es auch versuchte, ich musste mir eingestehen, dass manche Anblicke nur für den Moment gemacht sind. Diesen kleinen Anstupser brauchte ich anscheinend, um mich wieder darauf zu besinnen, dass ich meine Umgebung mit all meinen Sinnen und meiner vollen Aufmerksamkeit wahrnehmen sollte. Die schönsten Momente würde ich sonst verpassen.

Am nächsten Morgen hat sich mein Vorhaben auch direkt ausgezahlt, der Himmel war in ein leuchtendes rosa getaucht. Ein guter Start in den Tag.
„Gott sah, dass es gut war.“ (1. Moses)
Seine Schöpfung betrachtet auch er mit voller Aufmerksamkeit und lässt sich mit allen Sinnen darauf ein, um diesen Moment auf sich wirken zu lassen.

 

Gott,
Wir werden tagtäglich mit einer Fülle an Informationen konfrontiert,
Hilf uns, uns auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist
…In dem Moment
…Für unser Wohlbefinden
…Um unsere Beziehungen zu stärken
…um einfach glücklich zu sein
Und immer wieder den Blick für die Schönheit deiner Schöpfung zu haben.
Amen

In den letzten Wochen und Monaten habe ich – quasi im Geheimen – an einem Projekt gearbeitet. Ich wollte niemandem davon erzählen, weil ich befürchtet habe, dass mir sonst jemand reinredet oder mich demotiviert. Also habe ich alles für mich behalte.
Anfangs bin ich mit großer Motivation in die Arbeit gestartet – schließlich kam diese Idee ja auch von mir und ich habe das Ganze nur für mich gemacht. Aber je länger ich daran arbeitete und je kleinteiliger die Arbeit wurde, desto mehr Zweifel kamen in mir auf.
Würde mir das Ergebnis gefallen? War es all die Arbeit wert? Und vor allem: Würden mich das befürchtete negative Feedback, dass ich am Anfang vermeiden wollte, jetzt einholen? NACH der ganzen Arbeit.

Diese Fragen schwirrten die ganze Zeit in meinem Kopf herum. Und trotzdem arbeitete ich weiter – wenn auch mit schlechterem Gefühl…

Irgendwann war es soweit: Ich war fertig. Ich schaute mir mein Werk an und war so…halb zufrieden. Ich konnte die Stellen sehen, an denen es hätte besser sein können und zweifelte mittlerweile auch daran, ob die Idee überhaupt gut war. Während der Arbeit hatte ich sogar überlegt, danach ein neues Projekt zu starten – das lag jetzt erst mal auf Eis.

Also gut, jetzt wurde es Zeit für Feedback. Ich zeigte also meinen Freund*innen und meiner Familie mein Ergebnis – wenn auch immer bereit, es zu rechtfertigen. Das musste ich aber gar nicht. Die Rückmeldungen waren positiv! Ich wurde für die tolle Idee gelobt, wie professionell das Ergebnis aussah und wie stolz man auf mich war.

Plötzlich war all das negative Gefühl weg. Ich selbst fand mein Ergebnis immer besser, die ganze Anstrengung war verflogen. Ehrlich gesagt konnte ich selber nicht mehr verstehen, warum ich vorher niemandem etwas davon sagen wollte.

Seitdem begleitet mich ein warmes Gefühl. Und, was soll ich sagen: Ich arbeite doch an einem nächsten Projekt – und dieses Mal traue ich mich, davon zu erzählen…

In der Paulus-Geschichte taucht dieses Zitat auf, das Paulus davon überzeugt, weiter von Jesus zu erzählen: „Fürchte dich nicht! Rede nur, schweige nicht! Denn ich bin mit dir, niemand wird dir etwas antun.“ (Apg 18, 9a-10).
Paulus weiß dadurch, dass das, was er tut, richtig ist und traut sich, dazu zu stehen.

 

Guter Gott,
wir danken dir für die Bestätigung
und die Ermutigung, die ich von dir bekomme.
Stärke unser Selbstbewusstsein,
unser Können nicht klein zu reden
und uns mutig an neue Aufgaben zu machen.
Amen.

 

In der Coronazeit werden immer wieder Menschen laut, die sagen, dass Kultur systemrelevant ist.

Auch ich merke, dass meine Seele Futter braucht, mein Geist Inspiriation und meine Füße Musik zum Tanzen.

Wie sehr freute ich mich, als mich in meinem Alltag neue Musik überraschte und irgendwie war es, wie einen alten, vergessenen Freund wieder zu treffen. Denn früher war ich auf Konzerten von dieser Frau. Freudig habe ich mir sofort das Album angehört (Technik sei Dank) und zwei Lieder haben mich sofort gefangen genommen, da sie das Thema aufgriffen, was wir einen Abend vorher in einem Arbeitskreis hatten.

Julia Neigel: Hoffnung

 

Ja, wir leben auch in der Coronazeit aus unserer Hoffnung. Und das ist auch gut so!
Aber niemand kann die ganze Zeit nur Hoffnung ausstrahlen. Denn es gibt einfach auch Dinge, die einen runterziehen. Das Leben ist nicht nur Instagram-schön.

Und dann kam ein weiterer Song auf dem Album – der leider noch nicht für alle sichtbar veröffentlicht ist, deshalb hier der Text:

 

Tief in meiner Seele

Draußen ist die Welt noch wie sie scheint,
draußen läuft fast noch alles normal.
Vielleicht ist das der Grund, dass keiner weiß,
in mir drin ist nicht alles makellos und glatt,
weil ich in mir noch so viel Leben hab,
die Luft ist ruhig und alles still.

Doch Tief in meiner Seele tobt ein Sturm
Und wenn er aufbricht, kann ihn keiner lenken
Tief in meiner Seele tobt ein Sturm
Er reißt mich einfach fort
Hinter meiner Stirn ist ein Orkan
In seinem Auge kann ich wieder denken
In diesem einen tristen Alltagswahn behalt ich ihn dort.

Alles um mich rum ist so perfekt.
Die Wirklichkeit schon lange nicht mehr echt,
als ob man keine Luft zum Atmen braucht.
Ich weiß genau du siehst es auch.
In mir ist auch für Fehler Platz.
Etwas, dass mir manchmal selbst nicht passt.
Doch ich weiß mehr.

Ref.:
Was macht dich aus?
Was schreit in dir?
Vielleicht ist gerad meine Schwäche die größte Stärke in mir.
Draußen ist alles still, die Luft ist ruhig.

 

Genau, denn manchmal tobt in mir ein Sturm und auch das ist total berechtigt. Es ist okay, dies zu sagen, darüber zu jammern oder sich bei irgendwem auszuweinen. Vielleicht ist die Luft nach dem Sturm wieder klar und man kann wieder ein Stück hoffnungsvoll seinen Weg gehen.

Josua, der Sohn von Moses Diener, wagt sich auf neues Terrain. Gott gibt ihm diese Zusage: „Habe ich dir nicht befohlen: Sei mutig und stark? Fürchte dich also nicht und hab keine Angst, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir überall, wo du unterwegs bist. (Jos 1,9)“

Gott weiß, dass der Mensch ängstlich ist, doch er will uns Hoffnung schenken.

 

Liebender Gott,
auch ich brauche manchmal deinen Zuspruch,
durch dich selbst oder durch Menschen,
die du mir schickst.
Dann kann auch ich wieder hoffnungsvoller sein,
und anderen Menschen zuhören und Kraft geben.
Hilf mir dabei.
Amen.

Dieser #betblog wäre ohne die Inspiration der Kulturschaffenden so definitiv nicht entstanden. DANKE an alle, die uns mit ihren Gedanken, ihrer Kunst bereichern.

 

 

Ein Leben besteht immer aus Entscheidungen.
Da gibt es die kleinen Entscheidungen:
Welche Pizza bestelle ich mir?  So was kann ich super!

Dann gibt es so mittlere Entscheidungen, das fiel mir gestern bei dieser Situation auf: Eine Teenagertochter versuchte ihren Vater davon zu überzeugen,  dass sie unbedingt ein neues Bett braucht. Der Vater guckte irritiert und sagte: „Das wäre dann dein 5. Bett, nach Kinderbett, Holzbett, Hochbett und dem weißen Bett.“

Zeiten ändern sich – mein Bett hat mich immer mehr als durchschnittlich 10 Jahre begleitet.

Und dann gibt es die großen Entscheidungen – Lebensentscheidungen!
Ein ehemaliger Freund von mir hatte schon mit 28 Jahren ein Haus gekauft, eine eigene Firma gegründet und seinen Studienabschluss in der Tasche – und das zu Zeiten, als es noch Zivildienst gab.

Bei den großen Lebensentscheidungen hadere ich. Es ist oft das Gefühl, als ob ich an einer Kreuzung stehe, mich entscheide, abzubiegen und hinter der anderen Kreuzung aber das Glück vermute. Oder vielleicht kennst du das ja auch von Raucherinnen und Rauchern, die oft an der Haltestelle sagen: „Wenn ich mir jetzt eine Zigarette anzünde, dann kommt der Bus bestimmt sofort!“

Das führt allerdings dazu, dass ich manche Entscheidung nicht treffe und echt lange warte.
Jetzt stehe ich mal wieder vor so einer Entscheidung. Manchmal jubel ich und denke: „Klar, das mache ich!“ und an anderen Tagen zucke ich zurück und will den Kopf am liebsten in den Sand stecken. Mit der Wahl entschiede ich mich für einen Ort, gegen andere Orte, für etwas für die nächsten Jahre und nicht für das Weiterziehen. Für mich und vielleicht gegen andere.

Oje!

Dann hilft manchmal die Frage: „Was ist denn das Schlimmste, was passieren könnte, wenn du dich dafür entscheidest?“ Und ehrlich – da ist nichts schlimmes – aber sag das mal meinem Gefühl.

Maria konnte sich sicherlich nicht entscheiden, dass sie Gottes Sohn gebären wird. Aber sie konnte die Prophezeiung des Engels ernst nehmen. Sie hat ihre Beziehung zu Josef aufs Spiel gesetzt, der sich dann glücklicherweise trotzdem für sie und das Kind entschieden hat. Marias Lebensentscheidungen war, dass sie ihr ganzes Leben für Jesus da sein würde, auch wenn er sie bei der Hochzeit zu Kanaa anraunzte oder ihre Mutterrolle klein redete, weil er lieber bei seinem echten Vater im Tempel sein wollte. Sie stand zu ihrer Entscheidung mit allen Höhen und Tiefen (Lukas, 1, 26-38 und mehr)

Liebender Gott,
lass mich Neues wagen,
auch wenn nicht alles sicher scheint,
schenke mir den Mut,
um neue Erfahrungen zu machen
und das Vertrauen in dich und die Welt.
Lass mich dabei nicht fahrlässig werden
und süchtig nach Neuem.
Schenke allen,
denen es ähnliche ergeht,
gute Wegbegleiter*Innen und
belohne sie für ihren Mut.
Amen.

Vor einiger Zeit saß ich in der Bahn, auf meinem Weg zur Uni. Wie jeden Morgen war sie bis zum Zerbersten gefüllt. Die gute Laune der Insassen hielt sich dementsprechend in Grenzen.

Mir gegenüber saß ein Mann, der einen Kinderwagen vor sich abgestellt hatte. Er lächelte, obwohl viele Menschen um ihn herum standen und ihm unmutige Blicke zuwarfen, weil sein Kinderwagen viel Platz einnahm. Der Mann aber hatte seinen Blick auf das Kind geheftet, das vor ihm im Kinderwagen saß. Es fuchtelte mit den Armen und gluckste fröhlich herum. Noch immer lächelte der Mann. Und selbst als die Trinkflasche aus der Hand des Kindes glitt und auf dem Boden landete, was andere Fahrgäste mit Grummeln kommentieren, lächelte er weiter. Er entschuldigte sich, drückte dem Kind die Flasche wieder in die Hand und lächelte es weiter an. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Es ist dieses selige Lächeln, hinter dem so viel Zufriedenheit steckt. Ein liebevolles Lächeln.

Es ist bewundernswert. Da saß dieser Mann in einer Menge von Menschen, die schlechte Laune ausstrahlen, mit einem sabbernden Kind vor sich und konnte sein Lächeln einfach nicht abschalten. Das muss wahre Vaterliebe sein.

Ich denke, es ist genau diese Art der Liebe, die gemeint ist, wenn in der Bibel gesagt wird “Seht, welche Liebe uns der Vater geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es.” (1. Joh 3,1). Gott liebt uns wie dieser Mann sein Kind und findet Freude an uns, auch wenn andere die Augen verdienen. Wir können nicht aus seiner Liebe fallen.

 

Guter Gott, unser Vater,
wir heißen Kinder Gottes,
da du uns wie ein liebender Vater (oder eine liebende Mutter) liebst,
auch wenn wir falsche Entscheidungen treffen.
Hilf uns, diese Liebe auch anderen Menschen entgegen zu bringen.
Amen.

Letztens musste ich einfach mal raus. Raus aus meiner Wohnung, meiner Stadt, raus aus allem. Einmal den Kopf frei bekommen, durchatmen, etwas Neues sehen.

Also habe ich etwas gemacht, was ich von mir selbst nicht erwartet hätte: ich habe kurz den Rucksack gepackt, bin und Auto gestiegen und einer Schnapsidee gefolgt:

Einen Tag am Meer verbringen.

Schon auf der Hinfahrt steigt die Vorfreude:

Lesen. Sonne. Musik hören. Die Füße in den Sand stecken. Wellenrauschen.

Natürlich will ich nicht zu allen Touristen und Badegästen in den Sand, daher habe ich mir einen Ort ausgesucht, der etwas versteckter liegt. Abseits der Orte, zwischen Bäumen versteckt.

In dem Moment, in dem ich die Füße im Sand habe und den ersten Atemzug nehme, fühle ich mich wie neu geboren. Ich atme tief ein und aus, lasse die Seeluft meine Lungen ausfüllen. Ich bin angekommen, am Meer, aber auch bei mir. Ich tanke Sonne, Luft, und vor allem, neue Energie.

Auf der Rückfahrt musste ich irgendwann unweigerlich an diesen Song der Fantastischen Vier denken:

Darin gibt es eine Stelle, die dieses Gefühl, dass ich in diesem Moment gefühlt habe, haargenau zusammenfasst:

Du atmest ein, du atmest aus
Dieser Körper ist dein Haus
Und darin kennst du dich aus
Du lebst
Du bist am Leben
Und das wird dir bewusst
Ohne nachzudenken […]
Du spürst die Lebensenergie
Die durch dich durchfließt
Das Leben wie noch nie in Harmonie und genießt
Es gibt nichts zu verbessern
Nichts was noch besser wär’
Außer dir im Jetzt und Hier
Und dem Tag am Meer


Auch, wenn seit dem einige Tage vergangen sind, bleibt eine gewisse Entspannung zurück. An diesem einen Tag habe ich nicht nur mal wieder Kraft getankt und Zeit für mich gehabt, sondern vielleicht auch eine Gotteserfahrung gemacht. Schließlich heißt es ja: “Er [Gott] gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.” (Jes. 40,29).

Guter Gott,
manchmal brauchen wir einen Moment,
in dem wir wieder auftanken können.
Danke, dass wir ihn in dir und deiner Schöpfung finden.
Erinnere uns in stressigen Zeiten an diese notwendigen Pause.
Amen.

Letztes saß ich endlich mal wieder mit einem Freund zusammen und wir machten uns einen netten Abend, was ja in Corona-Zeiten echt zu Mangelware geworden ist. Irgendwann kamen auch die intensiveren Themen auf und bei einem Thema guckte der Freund mich an und sagte: „Ja, können wir gerne drüber sprechen, aber nicht heute Abend!“
Wow, ich war beeindruckt. Er wusste sofort, dass er heute Abend nicht über das Thema sprechen wollte. Ich war kein Stück beleidigt oder fühlte mich zurückgewiesen oder so etwas, sondern ich war echt nur beeindruckt.

Ich kann das nämlich leider nicht. Mir geht es oft so, dass ich im Gespräch feststelle, dass ich vergessen habe Nein zu sagen und mir fällt dann nicht ein, wie ich das Thema beenden kann. Manchmal fällt es mir sogar erst auf dem Heimweg ein und ich ärgere mich, dass ich das Thema überhaupt mit der Person besprochen habe. Ich wünsche mir sehr, dass ich mein Gefühl wahrnehme bevor mein Mund schon begonnen hat zu sprechen – lerne meinem eigenen Tempo zu folgen.
Vielleicht muss man gewisse Dinge auch erst einmal für sich denken, damit man sie, in einer der nächsten Situationen dann auch umsetzten kann.

Was wäre wohl aus Jesus Auftrag geworden, hätte er zu allem „Ja“ gesagt?
Jesus hat sich Zeit für sich und auch für einzelne Menschen genommen.
Als man ihn rief, weil sein Freund Lazarus krank war, nahm er sich zwei Tage Zeit um dem Hilferuf zu folgen. Als er ankam, war Lazarus schon tot. Wie gut, dass Jesus die Fähigkeiten hatte Lazarus wieder zum Leben zu erwecken. (Joh 13, 42ff) Jesus war in dem Fall derjenige, der agierte und nicht nur reagierte.

 

Herr,
schenke mir Geduld mit mir selbst.
Damit ich nicht nur auf alles in meinem Leben reagiere,
sondern selbst entscheide,
was wann für mich gut ist.
Hilf mir meine Gefühle wahrzunehmen
und in den richtigen Momenten „Nein“ zu sagen.
Lass mich Verständnis haben für andere Menschen,
die auch lernen „Nein“ zu sagen
oder hilf mir sie zu unterstützen.

Amen.

Vor einiger Zeit war ich mal wieder zu Besuch bei meinen Großeltern.

Da Oma nicht mehr gut zu Fuß ist, sich aber die Getränke sich im Keller befinden, bat sie mich, nach unten zu gehen und einige Flaschen nach oben in die Wohnung zu holen. Kein Problem, Schuhe an und ab in Richtung Keller. Als ich die Tür aufschließe, kommt mir ein Geruch entgegen. Man könnte ihn müffig oder alt nennen, aber für mich ist er in diesem Moment viel mehr als das. Bilder schießen in meinen Kopf:

Opa zeigt mir, wie man einen Hammer richtig benutzt, um Nägel in Brett zu schlagen.
Ich als Kind vor der Waschmaschine, wie ich der Trommel beim Drehen zuschaue.
Wasser schöpfen nach einem starken Regentag.

Für einen Moment lang bin ich wieder Kind und lerne die Welt neu kennen. Alles nur dank eines Geruchs.

Fynn Kliemann, selbsternannter Heimwerkerkönig, aber vor allem auch Musiker, fasst das in seinem Song “Regen” sehr gut zusammen:

Noch immer in der Luft, was ich fast vergessen hab’
Ich weiß gar nichts mehr aus meiner Kindheit, alles nur gehetzt […]
‘N paar Sachen, die ich nicht vergesse, bleiben immer jetzt […]
Der Duft brennt sich ein

Das alles hat auch etwas sehr Gutes. In den letzten Monaten, in denen ich die beiden nicht besuchen konnte, stand ich teilweise bei mir im Keller, habe den Geruch der Waschküche eingeatmet und die Bilder wieder hervorgerufen.

Diese Verknüpfung ist es vielleicht auch, die Jesus meint wenn er beim Brechen des Brotes sagt: “Tut dies zu meinem Gedächtnis!” (1 Kor 11,23–26). Wenn wir gemeinsam das Brot brechen, sollen wir an Jesus denken – so ich bei Kellergeruch an meine Großeltern denke.

Guter Gott,
danke, dass mich so einfache Dinge an so schöne Momente erinnern.
Gib, dass diese Erinnerungen für immer bleiben.
Hilf uns, neue Erinnerungen zu speichern,
damit sie und Kraft und Wärme geben können.
Amen.